Thomas Karlauf, geboren 1955 in Frankfurt, also fast am Rhein, lebt seit seinem 18. Lebensjahr zuerst in den Niederlanden, jetzt in Berlin. Er war viele Jahre Verlagslektor und ist heute als Literaturagent und Autor selbständig.
Stefan George (1868?1933) zählte als Dichter, Prophet und Mittelpunkt eines Kreises ihm grenzenlos ergebener Jünger zu den einflussreichsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte. Nach jahrelanger Vorarbeit hat Thomas Karlauf nun die erste George-Biographie in deutscher Sprache vorgelegt: ein faszinierendes Stück Zeit- und Sittengeschichte zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Stefan George war unter den deutschen Dichtern im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zweifellos der einflussreichste. Er hat die deutsche Lyrik entscheidend geprägt. Seinen Ruhm verdankte George allerdings weniger seinen Gedichten als vielmehr der Tatsache, dass er sich so perfekt inszeniert hat wie kaum jemand vor ihm. Legendär ? und bis heute umstritten ? war auch der so genannte George-Kreis, ein dem Dichter treu ergebener Männerbund. An diesem Kreis schwärmerisch begeisterter Jünglinge entwickelte Max Weber sein Modell der »charismatischen Herrschaft«. An der Person Georges lässt sich zeigen, was Macht über Menschen wirklich bedeutet. In seinem Werk finden sich zahlreiche Berührungspunkte mit dem Nationalsozialismus (George starb 1933), viele sahen in ihm einen »Wegbereiter«. Und doch steht am Ende dieses Weges das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944: Verübt hat es Claus von Stauffenberg, einer der letzten Vertrauten Georges. Thomas Karlauf hat die gesamte Forschung aufgearbeitet, seine Biographie ist wissenschaftlich auf dem neuesten Stand und wunderbar lebendig erzählt. ? 75. Todestag Stefan Georges am 4. Dezember 2008 ? Die erste Stefan-George-Biographie in deutscher Sprache "Diese Biographie lässt alles weit hinter sich, was in der letzten Zeit an literarischen Biographien erschienen ist. Karlaufs Buch ist so frisch und frei erzählt, so klug in seiner Argumentation und so bewusst in seinen Auslassungen, dass man dieses Stück Geistesgeschichte atemlos liest wie einen Thriller." Frank Schirrmacher, Frankfurter Allgemeine Zeitung "Es ist ein unglaubliches Buch geworden. Ein Buch, in dem alles beschrieben ist, was Deutschlands Wahn und Unglück von der Jahrhundertwende bis zu Georges Tod im Jahr 1933 gewesen ist. ... Was für ein Leben. Was für ein Buch." Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung "Der Dichter Stefan George war zeitlebens ein Rätsel, sein Kreis glich einer Sekte. Jetzt holt eine furiose Biografie den großen Untoten der deutschen Geistesgeschichte in die Gegenwart zurück. ... Es ist die erste kritische Biografie über George. Karlauf hat in sieben Jahren Arbeit ein glänzend recherchiertes und spannend geschriebenes Buch verfasst, das wissenschaftliche Maßstäbe setzt und Bestseller werden kann. ... Karlauf läßt in seinem Panorama der George-Zeit eine Welt künstlerischer Exzesse aufleben, deren Bewohner heutige Popliteraten wie brave Schwiegersöhne erscheinen lassen ... Besser als Karlauf kann man den schmalen Grad zwischen Enthüllungsbestseller und Literaturgeschichte nicht bewältigen." Malte Herwig, Der Spiegel
Thomas Karlauf
Thomas Karlauf, geboren 1955 in Frankfurt, also fast am Rhein, lebt seit seinem 18. Lebensjahr zuerst in den Niederlanden, jetzt in Berlin. Er war viele Jahre Verlagslektor und ist heute als Literaturagent und Autor selbständig.
"Diese Biographie lässt alles weit hinter sich, was in der letzten Zeit an literarischen Biographien erschienen ist. Karlaufs Buch ist so frisch und frei erzählt, so klug in seiner Argumentation und so bewusst in seinen Auslassungen, dass man dieses Stück Geistesgeschichte atemlos liest wie einen Thriller." (Frank Schirrmacher, Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Der 14. Januar 1892, der Tag, an dem der 23-jährige Stefan George den 17-jährigen Gymnasiasten Hugo von Hofmannsthal ultimativ aufforderte, sich endlich mit ihm zu treffen, war ein Donnerstag. Anfang der Woche war George wieder einmal umgezogen: von der Garnisongasse drei Straßen weiter in die Wasagasse, Ecke Türkenstraße, wo er bereits bei seinem ersten Aufenthalt in Wien ein Dreivierteljahr zuvor Quartier gefunden hatte. Ein Bote war bestellt. Der Brief, den George in der Nacht geschrieben und dann auf »Donnerstag morgen« datiert
hatte, sollte in den 3. Bezirk ans andere Ende der Stadt gebracht werden. Er steckte, ohne jede Anrede, ohne jede Grußformel, bereits im Couvert, als dem Verfasser Zweifel kamen, ob der Adressat den Ernst der Lage erfasse. »Bitte diesen Brief zu lesen um die unangenehmsten folgen zu verhüten«, schrieb George mit Bleistift auf einen Zettel und legte ihn dem Brief bei. Der Dienstmann, der etwa eine halbe Stunde in die Salesianergasse brauchte, sollte dort auf Antwort warten.
Also auf etwas hin und Gott weiss welches etwas »das Sie verstanden zu haben glauben« schleudern Sie einem Gentleman der dazu im begriff war Ihr Freund zu werden eine blutige Kränkung zu. Wie konnten Sie nur so unvorsichtig sein, selbst jeden Verbrecher hört man nach den schreiendsten Indizien. Sie sehen ich rede ganz gesezt und wenn Sie nach einigen Tagen gelassen denken oder nach Jahren so werden Sie mir (mit Ihren werten Eltern deren einziges Kind Sie sind!) sehr verbunden sein dass ich soviel Ruhe bewahrte und nicht sofort das veranlasse was mit Ihrem oder meinem Tod endet.
Am Abend zuvor war Stefan George zum wiederholten Mal im ersten Stock der Salesianergasse vorstellig geworden, um nach dem jungen Herrn von Hofmannsthal zu fragen. Dieser hatte ihm am Dienstag zwar einige Bücher geschickt, Georges inständigem Bitten um ein Treffen war er jedoch seit Tagen ausgewichen. Seit seinem Besuch in dessen Pension an Heiligabend hatte sich Hofmannsthal mehrmals
verleugnen lassen. George war nur seinetwegen über die Feiertage in Wien geblieben, wartete aber vergeblich; am 14. Januar war seine Geduld erschöpft.
Bevor George im März 1891 sein Studium an der Wiener Universität aufnahm, hatte er sich eine kleine Reise nach Verona und Venedig gegönnt. Zwei in Venedig entstandene Gedichte legen die Vermutung nahe, dass Georges Hang zur Schwermut dort erheblich verstärkt wurde. Das eine der beiden »Gedichte« endet:
Ich darf so lange nicht am Tore lehnen, Zum Garten durch das Gitter schaun, Ich höre einer Flöte fernes sehnen, Im schwarzen Lorbeer lacht ein Faun.
Das andere Gedicht berichtet im Ton der Ballade von einer schönen
und stolzen Venezianerin, die sich mit allem erdenklichen Luxus umgibt, um auf diese Weise der ganzen Stadt, insbesondere ihrem greisen Galan, Unnahbarkeit zu demonstrieren. Am Ende hält sie die Rolle der pompösen Frigiden jedoch nicht durch und gibt sich »in verhangenem Gemach« einem namenlosen Liebhaber hin; nach dem Akt empfindet sie Schmach. In ihrer Verzweiflung, der glanzvollen Rolle
nicht länger entsprechen zu können, sieht sie den einzigen Ausweg darin, sich öffentlich zu demütigen: Besser, alle Welt erfährt, dass sie hier liege, »niedrig und gebrochen«, als dass ein Einzelner sich anmaßt, den Sieg über sie davongetragen zu haben. Ein sprödes, herrisches Wesen und ein bis an die Grenze der Selbstzerstörung getriebener Hochmut: Das Bild der Venezianerin trägt durchaus autobiographische Züge.
In Wien, wo er zum Frühjahrsbeginn aus Venedig eintraf, fühlte sich George von Anfang an einsam. Er kannte niemanden und verfügte über keine Empfehlungsschreiben. Auf langen Spaziergängen habe er die ihn südlich anmutende Stadt und ihre Umgebung erkundet, wusste der von George autorisierte Biograph Friedrich Wolters
Studium in Wien 1930.
Er habe Museen besucht, viel gelesen - mit Vorliebe Texte deutscher Romantiker -, Baudelaire übersetzt, und gelegentlich warf er wohl auch einen Blick in den Hörsaal. Die Gedichte, die in diesen Monaten entstanden, zeugen von wüsten Versuchungen und Allmachtsphantasien bis hin zu schrillen Obsessionen:
Vor deinen Schuhen stammelt man den Eid, Entführte Weiber weinen ihren Gram. Und eine, wirr im Schrecken, ohne Scham zerreisst vor deinem Herrenblick ihr Kleid.
Die Sommerferien verbrachte George zu Hause am Rhein. Auf dem
Weg von Wien nach Bingen legte er ein paar Wandertage in Oberbayern ein und besuchte aus einer »dunklen Neigung« zu dem fünf Jahre zuvor verstorbenen Bayernkönig Ludwig II. Schloss Linderhof.
Obwohl er nach der Besichtigung »an heftigem Seelenkatarrh« litt, erhielt er doch entscheidende Anregungen zu einem neuen Gedichtband Algabal. Anfang September brach er eine Reise nach London in großer Erregung vorzeitig ab, fuhr anschließend zwei Wochen nach Paris und kehrte dann über Berlin Ende Oktober nach Wien zurück. Auch jetzt fand er nirgendwo Anschluss. Von innerer Unruhe getrieben, durchstreifte er abends die Straßen und dürfte die Verachtung der Welt ähnlich tief empfunden haben wie seine schöne Venezianerin. Der Abwehrmechanismus war der gleiche. Nicht er trug Schuld an seiner Vereinsamung, sondern die Stadt hatte nichts anderes verdient, als mit Nichtachtung gestraft zu werden. Wien sei doch gar nicht mit Paris zu vergleichen, schrieb er nach seiner Flucht Mitte Januar an Marie Herzfeld: »Ich gedeihe nicht unter jenen (grösstenteils) Zeitungsschreibern ohne jedes musikalische oder malerische Interesse.« In Paris lebten die Dichter, »die wahre Künstler zugleich sind«.
Solche wie er.
Bis zur Begegnung mit Hofmannsthal Mitte Dezember 1891 ist Marie Herzfeld der einzige Kontakt Georges in Wien, von dem wir wissen. Die 36-jährige Übersetzerin zeitgenössischer skandinavischer Literatur, die gelegentlich auch in der Wiener Mode publizierte, hatte er im November über seine Zimmerwirtin in der Garnisongasse kennengelernt. Marie Herzfeld »besäße die Einfühlsamkeit, ihn zu verstehen«, hatte die Wirtin ihm gesagt, und in der Hoffnung, sie werde seine Gedichte besprechen, suchte George sie auf. Zwar konnte Marie Herzfeld mit seinen Versen nur wenig anfangen - »was er sagt, ist besser, als was er schreibt« -, aber ihn selbst empfand sie als so interessant, dass sie sich mehrmals mit ihm traf.
Vielleicht durch einen Hinweis von Marie Herzfeld, die zum Kreis der Mitarbeiter der Modernen Rundschau zählte, vielleicht auch durch Lektüre, wurde George Anfang Dezember auf Hugo von Hofmannsthal aufmerksam. Weil österreichischen Gymnasiasten das Publizieren verboten war, veröffentlichte er fleißig unter Pseudonymen wie Theophil Morren, Loris Melikow oder einfach Loris. George hat wohl am meisten das kleine Versdrama Gestern angesprochen. Das im Oktober und November in der Modernen Rundschau gedruckte Stück, dessen Buchausgabe Hofmannsthal an Weihnachten George zum Geschenk machte, zeigte trotz gewisser Holprigkeiten einen neuen lyrischen Ton.
Eine ausführliche Schilderung ihrer ersten Begegnung gab Hofmannsthal selbst kurz vor seinem Tod.
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Einband: Taschenbuch
Ausstattung: 21,5 cm
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Altertum
von Lorenz Laudenberg
aus der Thalia-Buchhandlung in Bergisch Gladbach (17.08.2009)
Stefan George
Beschäftigen wir uns mit der Biographie und dem Werk Stefan Georges (1868- 1933),
kann man wohl mit Recht von einem „Abenteuer des Geistes“ sprechen! Der geniale Dichter ist eine Einzelerscheinung in der Literaturgeschichte, der sich keiner Mode anpasst und den man als „nicht zeitgemäß“ bezeichnen darf. Nach Studium und Reisen durch Europa, Kontakt zu den französischen Dichtern seiner Zeit, deren Werke er teilweise übersetzt, bildet sich um ihn herum der sog. Georgekreis, eine Gruppe, die sich für die geistige Elite Deutschlands hält. (Dazu gehört auch der spätere Hitler- Attentäter Graf Stauffenberg.) Sein umfangreiches Werk von 18 Bdn., fast ausschließlich Gedichte, zeigt St. Georges exklusive Kunstauffassung, beschwört das griechische Ideal von Maß und Schönheit, hebt das Hoheitsvolle im Menschen hervor, übersteigt diese Tugend oft ins Maßlose.
In seiner Biographie schildert uns Thomas Karlauf das ungewöhnliche Leben eines Genies, brillant und spannend erzählt, wissenschaftlich fundiert. Nach der Lektüre des Buches wird man verstehen, warum so viele Leser von den Gedichten Georges heute noch fasziniert sind!
發表於2024-12-01
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圖書標籤: 德語
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